Sag einfach mal „Nein“
Warum Nein sagen so wichtig ist und wie es dir leichter fällt
„Kannst du schnell noch die Präsentation fertig machen?“ oder „Gehst du kurz für mich einkaufen?“ Kollegen, Freunden oder den Liebsten kleine Gefallen zu tun, ist für uns selbstverständlich – und macht uns oft auch gar nichts aus. Doch wenn aus winzigen Bitten große Aufgaben werden, weil du selbst bis obenhin mit To-dos voll bist, dann wird es Zeit auch einfach mal „Nein“ zu sagen. Warum Nein sagen für dich wichtig ist und wieso du es mit gutem Gewissen öfter tun kannst, verraten wir dir hier.
Auch mal Nein sagen können ist für dein Selbstbewusstsein wichtig.
Du beobachtest dich selbst, wie du wieder eifrig nickst als dein Chef dich darum bittet das Projekt auch noch zu übernehmen. Oder als dein Partner dich mit großen Augen anschaut, ob du schnell für ihn den Putzdienst übernehmen kannst. Im gleichen Augenblick ärgerst du dich über dich selbst und dein Gegenüber, weil du eigentlich heute Abend mal wieder zum Sport wolltest, das Treffen mit deinem besten Freund verschieben musst oder dein neuer Lieblingsroman erneut unangetastet auf dem Nachttisch liegen bleibt.
Anderen kleine Gefallen zu tun, fällt uns ja eigentlich nicht schwer – und machen wir in der Regel auch gerne. Doch zu allem, worum du gebeten wirst, direkt „Ja“ zu sagen, kann dich ganz schön in die Bredouille bringen. Mehr noch: Wenn dein Terminkalender eh schon total vollgepackt ist, sind zusätzliche Belastungen purer Stress. Die extra Überstunden oder die Organisation des Kuchenbuffets für die Schulfeier sind dann einfach zu viel. In solchen Situationen ist es vollkommen okay „Nein“ zu sagen. Doch du kennst das sicher: Manchmal fällt es einem einfach unheimlich schwer – gerade bei Freunden und der Familie. Aber warum ist das eigentlich so?
Warum fällt es uns oft so schwer „Nein“ zu sagen?
Ein „Nein“ zu hören oder zu sagen, fühlt sich irgendwie nie so gut an – egal, ob bei Freunden, Kollegen oder den Liebsten. Horche einfach mal kurz in dich hinein: Ein „Ja“ wirkt dagegen umso wohltuender, unabhängig von der konkreten Situation. Und wieso? Als Menschen sind wir soziale Wesen, was bedeutet: Wir sind darauf ausgelegt, eine Gemeinschaft zu bilden und zusammenzuarbeiten. Uns gegenseitig zu helfen, liegt also in unserer Natur. Kaum verwunderlich also, dass das Nein sagen bei den kleinen Gefallen des Alltags häufig schwerfällt.
Natürlich gibt es zusätzlich auch noch eine Reihe möglicher individueller Gründe, die es uns je nach Situation und Persönlichkeitstyp schwer machen einfach mal „Nein“ zu sagen. Wahrscheinlich kennst du den ein oder anderen Grund und hast deswegen vielleicht schonmal „Ja“ gesagt, obwohl du eigentlich gerade nicht wolltest.
Ablehnung:
Möglicherweise schlummert in uns die Angst von Anderen abgelehnt oder nicht mehr gemocht zu werden, wenn wir deren Bitte ausschlagen. Denn: Freunden, den Liebsten oder Kollegen kleine Gefallen zu tun, ist auch immer ein Zeichen von Wertschätzung und Sympathie. Entsprechend könnte uns auch deshalb das Nein sagen schwerfallen, weil wir nicht wollen, dass sich andere von uns abgelehnt fühlen.
Konsequenzen oder Konflikte:
Ein „Nein“ kann natürlich auch Konsequenzen nach sich ziehen oder Konflikte entstehen lassen, die du vielleicht lieber vermeiden willst. Wenn du beispielsweise deinem Chef einen Gefallen ausschlägst oder dem Partner etwas verwehrst, was er oder sie sich schon lange wünscht, machst du dir sicher Sorgen, ob deine Karriere oder deine Beziehung dadurch langfristig negativ beeinflusst werden könnte.
Wirkung auf andere:
Da wir von Grund auf soziale Wesen sind, machen wir uns oft Gedanken, ob das Nein sagen zu einer Bitte vielleicht egoistisch auf andere wirkt. Denn in unseren Werten ist Mitgefühl und Hilfsbereitschaft tief verwurzelt. Die Befürchtung liegt darin, diesen Werten durch ein „Nein“ nicht gerecht zu werden. Und die Annahme, andere könnten denken, dass uns unsere eigenen Bedürfnisse wichtiger sind.
Etwas versäumen:
Vor allem unsere wertvolle Freizeit laden wir häufig mit viel zu viel Aktivitäten voll, anstatt einfach die Seele baumeln zu lassen und mal nichts zu tun. Gerade, wenn wir Verabredungen und Veranstaltungen mit Freunden oder der Familie ausschlagen, kann das das ungute Gefühl aufsteigen lassen, dass wir vielleicht etwas verpassen – und dann sogar von den anderen ausgegrenzt werden könnten.
Hilfebedürfnis:
Anderen bei etwas zu helfen oder zusätzliche Aufgaben zu übernehmen, dient uns auch als Bestätigung für unsere eigenen Fähigkeiten. Wenn wir gebraucht werden, dann bekommen wir das Gefühl eine wichtige Rolle im Leben der anderen zu spielen – und vielleicht sogar auch etwas vermeintlich besser zu können. Außerdem ist es auch einfach ein gutes Gefühl sich um andere zu kümmern.
Warum ist Nein sagen überhaupt wichtig?
Nein sagen ist für dich selbst wichtig, weil du auf diese Weise klare Grenzen ziehen kannst. Gerade wenn du merkst, dass die Nachteile für dich selbst überwiegen und deine Bedürfnisse zu kurz kommen, wenn du ständig etwas für andere tust. Wichtig ist hierbei zu verstehen, dass du mit einem „Nein“ nicht andere ablehnst, sondern in erster Linie dir selbst treu bleibst. Dein Partner freut sich schon seit Wochen auf die Geburtstagsfeier seiner Arbeitskollegin, aber du hattest von Anfang an einfach nie richtig Lust darauf? Dann bleib einfach zuhause, schnapp dir dein Lieblingsbuch und genieße ein paar Stunden nur mit dir selbst. Denn manchmal ist es an der Zeit, sich um die wichtigste Person in deinem Umfeld überhaupt zu kümmern, nämlich: dich selbst! Mit einem „Nein“, kannst du in vielen Situationen wieder stärker „Ja“ zu dir selbst sagen. Das bringt viel Positives mit sich.
Was passiert, wenn du öfter mal „Nein“ sagst:
- Du achtest mehr auf deine Bedürfnisse und lebst im Einklang mit ihnen.
- Du bist zufriedener und deine Selbstachtung steigt, weil du dich durchsetzen kannst.
- Du hast mehr Zeit für die wichtigen Dinge und Aufgaben – oder nur für dich.
- Du fühlst dich entlastet und schützt dich vor Überlastung.
- Du gibst Verantwortung ab und wirkst souveräner.
Sage „Ja“ zum Nein sagen
Die gute Nachricht ist – falls dir das Nein sagen in vielen Situationen noch schwerfällt: Du kannst lernen, die Wünsche anderer ohne schlechtes Gewissen abzulehnen – und dich selbst wieder an erste Stelle zu setzen. Mach dir bei der nächsten Bitte klar, was es konkret bedeutet, „Ja“ oder „Nein“ zu sagen. Wenn du beispielsweise der Kollegin die Aufgabe abnimmst, musst du dann Überstunden machen und auf etwas verzichten, was dir wichtig ist? Oder ist deine Hilfe hier unverzichtbar, sodass sonst das ganze Team oder das Projekt leiden müsste?
Bei deiner Entscheidung ist es wichtig, dir selbst immer genügend Bedenkzeit einzuräumen, um die Folgen realistisch abschätzen zu können. Bist du dir sicher, dass du „Nein“ sagen willst, es aber nicht so richtig kannst, fühle in dich hinein und prüfe, warum es dir gerade in dieser Situation so schwerfällt. Möchtest du Konflikte vermeiden oder machst du dir vielleicht Gedanken, dann nicht mehr gemocht zu werden? Wenn du dir deine inneren Beweggründe vor Augen führst, kannst du besser darauf reagieren.
Ein wichtiger Schritt beim eigenen Nein sagen ist auch das „Nein“ von anderen zu akzeptieren – und vor allem zu respektieren. Auf diese Weise kannst du die Erfahrung machen, dass es auch vollkommen okay sein kann, wenn andere deine Bitte ausschlagen – so wie du es dir auch für dich selbst wünschst.
Tipps: Wie du klar und freundlich Nein sagen kannst
Wenn du etwas nicht tun willst, ist das vollkommen okay. Deshalb ist es wichtig, dass beim Gegenüber auch kein Interpretationsspielraum entsteht, sondern die Situation für beide eindeutig ist. Rumdrucksen oder schwammige Antworten sind häufig der Nährboden für unangenehme Missverständnisse. Das sagt auch die Wissenschaft: Bei einem Versuch der Universität Oxford bekamen die Probanden unterschiedliche Formulierungen zur Ablehnung an die Hand, nämlich „Ich kann nicht“, „nein“ und „ich werde nicht“. Diejenigen, die „ich kann nicht“ als Argument nutzten, ließen sich am schnellsten umstimmen. Wer „ich werde nicht“ benutzte, blieb überwiegend dabei. Am wirksamsten für andere und auch für die Probanden selbst: die klare Haltung mit einem einfachen „Nein“. Hier ein paar Tipps, wie du selbstbewusst und empathisch Nein sagen kannst:
- Antworte nicht sofort, lass dir immer genügend Bedenkzeit
- Formuliere einen klaren Grund, den dein Gegenüber nachvollziehen kann
- Wähle eine eindeutige und neutrale, aber freundliche Formulierung
- Achte auf eine selbstbewusste Körpersprache
- Zeige Verständnis für die Situation des anderen
- Mache ein Gegenangebot, indem du z.B. deine Hilfe zu einem anderen Zeitpunkt anbietest
- Schlage einen Kompromiss oder eine Alternative vor
Wann wolltest du schon mal „Nein“ sagen und konntest es nicht so richtig? Schreib uns deine Erfahrungen in die Kommentare.