Bitterstoffe: Magenschmeichler mit unterschätztem Geschmack
Sauer macht lustig – und bitter gesund?
Um ihren Geschmack machen Bitterstoffe kein Geheimnis. Doch wir neigen oft dazu, um Bitteres einen großen Bogen zu machen. Gründe dafür gibt es viele, doch Bitterstoffe haben so einiges zu bieten – insbesondere unsere Verdauung kann von ihnen profitieren.
Bitterstoffe – von ihrem gewöhnungsbedürftigen Geschmack kann vor allem unsere Verdauung profitieren.
Manche mögen’s lieber süß, andere eher salzig – aber bitter? Dieser Geschmack zählt wahrscheinlich zu den unbeliebtesten Geschmacksrichtungen – und führt oft zu verzogenen Gesichtern. Das liegt unter anderem daran, dass selbst schon ein bisschen bitter von unserem Gehirn als unangenehm empfunden wird, denn: Die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge nehmen den bitteren Reiz deutlich intensiver wahr als z.B. eine süße Note.
Wie intensiv wir jeweils bitter schmecken, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich – das fand die Geschmacksforscherin Linda Bartoshuk von der Yale University in den 90er-Jahren heraus. Sie testete den Geschmackssinn ihrer Probanden mit einem Bitterstoff, sodass sie die Teilnehmer in drei verschiedene Kategorien clustern konnte:
- Normalschmecker empfinden Bitterstoffe als leicht bitter
- Nichtschmecker empfinden Bitterstoffe als geschmacksneutral
- Supertaster empfinden Bitterstoffe als ekelerregend bitter
Egal ob für Normalschmecker, Nichtschmecker oder Supertaster – regelmäßig Lebensmittel mit Bitterstoffen auf den eigenen Speiseplan zu integrieren lohnt sich, denn: bitter ist gesund – vor allem für unsere Verdauung.
Was sind Bitterstoffe – und warum meiden wir ihren Geschmack?
Hinter Bitterstoffen steckt eine ganze Reihe an chemischen Substanzen, die eines gemeinsam haben: ihren bitteren Geschmack. Die meisten gehören zu den sekundären Pflanzenstoffen – sind also wichtige Bestandteile von verschiedenen Pflanzen. Und das hat einen guten Grund: Bitterstoffe werden von den Pflanzen genutzt, um sich vor Fressfeinden zu schützen, denn auch in der Tierwelt ist bitter eher unbeliebt. Und das liegt – egal ob Tier oder Mensch – unter anderem an einem evolutionären Schutzmechanismus, denn: bitter gilt als giftig. Doch nicht alles, was bitter schmeckt ist automatisch auch giftig – ganz im Gegenteil.
Forscher fanden sogar heraus, dass diese Schutzfunktion bereits bei Babys im Mutterleib greift: Föten zeigten schon bei geringen Mengen Kohl, die ihre Mutter zu sich nahm, ein „weinendes Gesicht“ – während bei Karotten eher ein „Lächeln“ auf den 4D-Ultraschallaufnahmen zu sehen war. Die Aversion gegen bitter ist also angeboren. Kaum verwunderlich also, dass der bittere Geschmack bei vielen Lebensmittel herausgezüchtet wird – oder wir beim Kochen die bitteren Pflanzenteile gerne mal wegschneiden. Auch die stark gesüßten Lebensmittel heutzutage, sind dafür verantwortlich, dass uns Bitteres oft noch bitterer vorkommt.
Alles eine Sache der Gewohnheit: Bitter „lieben“ lernen
Erinnerst du dich noch an deinen ersten Schluck Kaffee? Während man sich als Kind kaum vorstellen konnte, wie Erwachsene es schaffen, jeden Morgen mindestens eine Tasse des beliebten Muntermachers zu trinken, ist das bittere Heißgetränk bei vielen späte fester – sogar unverzichtbarer – Bestandteil der Morgenroutine. Die gute Nachricht ist also: Bitterempfinden lässt sich trainieren. Je öfter Lebensmittel mit Bitterstoffen auf den Teller kommen, desto eher gewöhnst du dich daran. Kinder müssen ein Lebensmittel rund 20-mal probieren, bis sie auf den Geschmack kommen – bei Erwachsenen ist das nicht groß anders.
Mit den richtigen Kombinationen lässt sich der bittere Geschmack sogar etwas „zähmen“: So sind z.B. Tomaten mit ihrer Süße und fruchtigen Säure die optimalen „Partner“ für bitteres Gemüse. Auch Orangen machen sich dank ihrer süßen Note perfekt in Bittersalaten wie Chicorée. Übrigens: Der Effekt, dass uns Bitteres durch die stark gesüßten Lebensmittel noch bitterer vorkommt, funktioniert auch umgekehrt. Wer regelmäßig Bitterstoffe zu sich nimmt, trainiert seinen Geschmackssinn, sodass die Lust auf Süßes sinkt.
Bitterstoffe und Verdauung – so spielen sie zusammen
Da Bitterstoffe ein Überbegriff für verschiedenste chemische Substanzen sind, ist es keine große Überraschung, dass diese auch unterschiedliche gesundheitsfördernde Effekte mit sich bringen können. Was die meisten von ihnen vereint: Ihr positiver Einfluss auf unsere Verdauung. So können einige Bitterstoffe dazu beitragen, die Produktion von Verdauungssäften zu verstärken. Sprich: Unser Körper produziert mehr Speichel, Magensaft und Galle, was die Darmbeweglichkeit fördert und die Verdauung erleichtert. Speisen werden dadurch bekömmlicher, weshalb es gerade vor deftigen oder fettigen Hauptgerichten empfehlenswert ist, Bittersalate oder bittere Rohkost zu essen.
Manche Bitterstoffe haben sogar einen Einfluss auf unseren Blutzuckerspiegel und können dafür sorgen, dass dieser langsamer abfällt. So lassen sich die typischen Heißhunger-Attacken nach einem schnellen Abfall des Blutzuckerspiegels vermeiden. Auch bei unserem Sättigungsgefühl kann Bitteres eine Rolle spielen: Bitterstoffe docken an bestimmte Darmzellen an, die das sogenannte Hormon GLP-1 produzieren – ein Botenstoff, der unserem Gehirn signalisiert: Ich bin satt.
Bittere Vielfalt: Lebensmittel mit Bitterstoffen
Na, Lust auf Bitteres bekommen? Tatsächlich können wir nicht von jedem bitteren Lebensmittel profitieren. Gerade bei Fertigprodukten wird dieser Geschmack nämlich oft durch Zusatzstoffe erzeugt. Deshalb am besten auf Bitterstoffe aus natürlichen Quellen zurückgreifen – und auch hier gibt es Unterschiede: Wie bereits erwähnt, wurde aus vielen Lebensmittel der bittere Geschmack herausgezüchtet. Die beste Wahl sind also ursprüngliche Obst- und Gemüsesorten, die es oft auf Wochenmärkten zu finden gibt.
Wenn du langsam auf den Geschmack kommen möchtest, kannst du folgende Lebensmittel auf deinem Einkaufszettel notieren – diese 15 sind besonders reich an Bitterstoffen:
Diese 15 Lebensmittel sind besonders reich an Bitterstoffen.
Was ist deine liebste Quelle an Bitterstoffen?